Suchtforscher: „Wir hatten noch nie etwas, das so vielversprechend im Kampf gegen den Tabakkonsum gewesen wäre.“ / Schadstoffe im Dampf nicht klinisch relevant

Nach Ansicht des britischen Suchtforschers Peter Hajek werden Raucher bald „scharenweise“ auf die E-Zigarette umsteigen. Im Interview mit dem Spiegel bezeichnete er die EZigarette als eine „revolutionäre Technologie“, die alles durcheinander bringe. „Es ist ein wenig wie damals, als die digitalen Kameras aufkamen und die Filmkameras erledigten“, sagte Hajek, Professor für Klinische Psychologie an der Queen Mary University in London. Für den Suchtforscher ist es nur eine Frage der Zeit, bis die E-Zigarette sich flächendeckend durchsetzt – vor allem wegen ihres Potenzials bei der Rauchentwöhnung. „Wir hatten noch nie etwas, das auch nur annähernd so vielversprechend im Kampf gegen den Tabakkonsum gewesen wäre.“ Er sieht in der E-Zigarette einen „Gewinn für die Gesundheit der Gesellschaft“, sie könne millionenfach weltweit „Leben retten“.

Die Gefahren der E-Zigarette seien minimal. „Tabakzigaretten sind hundertmal so gefährlich – sofern mit dem Dampfen überhaupt irgendein Risiko verbunden ist.“ Tabakrauch enthalte Verbrennungsprodukte, die Krebs erzeugen sowie Herz und Lunge schädigen. Im Fall von E-Zigaretten werde nichts verbrannt. Auch der Dampf enthalte keineswegs Giftstoffe. Die Mengen, die man im Dampf bisher gefunden habe, seien „klinisch nicht relevant – mit Ausnahme vielleicht des Formaldehyds bei überhitzten Geräten“. Alles hänge von der Dosis ab. „Bisher lagen die Befunde meist deutlich unter den Grenzwerten, die für die Atemluft an Arbeitsplätzen als sicher gelten.“

Medikament bzw. Arzneimittel? Das wäre vollkommen absurd

Obwohl er davon aus ausgeht, dass die E-Zigarette „Leben retten“ wird, sprach er sich dagegen aus, die E-Zigarette als medizinisches Produkt oder als Arzneimittel zu regulieren. „Das wäre verhängnisvoll.“ Es würde die Entwicklung der Geräte stoppen, so Hajek weiter. „Die kleinen Hersteller und Erfinder würden aus dem Geschäft verschwinden, weil sie sich die nötigen Zulassungsverfahren im Gegensatz zu den großen Tabakkonzernen nicht leisten können.“ Die Konzerne seien imstande, auch die E-Zigaretten zu monopolisieren und klein zu halten, wenn die medizinische Regulierung ihnen zu Hilfe käme – damit die Tabakzigarette am Markt bleibt und die E-Zigarette im Apothekerschrank verschwindet, wie einst Nikotinpflaster und Nikotinkaugummis. „Und das wäre vollkommen absurd“, sagte Hajek: „Etwas, das hundertmal sicherer ist, muss zusätzliche Sicherheits-Checks durchlaufen, damit der wirklich gefährliche Stoff weiterhin frei verkauft werden kann.“

Das Interview mag aus dem Jahr 2014 sein, im Hinblick auf die derzeitige Gesetzesdebatte um die Umsetzung der neuen EU-Tabakrichtlinie in deutsches Recht, sind Hajeks Einschätzungen jedoch hochaktuell.

Interview zu finden auf Spiegel.de: Link

2019-02-11T12:01:24+01:0012.02.2016|