Umfassendes Werbeverbot für E-Zigaretten gefordert

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Am 10. Dezember findet eine Öffentliche Anhörung zum Thema Tabakwerbeverbot vor dem Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft in Berlin statt. Im Parlamentsfernsehen des Bundestages wird die Sitzung ab 13:30 Uhr live ausgestrahlt. Grundlage der Anhörung sind zwei Anträge der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Während der Antrag der Linken ausschließlich ein umfassendes Werbeverbot für Tabakprodukte fordert, geht der Antrag der Grünen darüber hinaus. Hier wird zusätzlich auch ein totales E-Zigarettenwerbeverbot thematisiert.

Zu der Anhörung sind sechs Einzelsachverständige eingeladen: Prof. (em.) Dr. jur. Christoph Degenhart, Dr. Tobias Effertz (Universität Hamburg), Dr. Reiner Hanewinkel (IFT-Nord-Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung Kiel), Prof. Dr. Daniel Kotz (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Medizinische Fakultät), Dr. Ute Mons (Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg) und Dr. Bernd Werse (Goethe-Universität Frankfurt am Main). Zusätzlich gibt es Stellungnahmen des Deutschen Zigarettenverbandes (DZV) und des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR).

Alle Beiträge sind auf der Seite des Ausschusses veröffentlicht.

Positionen der Sachverständigen

Die Sachverständigen Dr. Effertz, Dr. Hanewinkel, Prof. Kotz und Dr. Mons unterstützen den weitergehenden Antrag der Grünen und sprechen sich sowohl für ein komplettes Tabak- als auch E-Zigaretten-Werbeverbot aus. Für den Juristen Prof. Degenhart fällt Werbung unter das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG und Werbeverbote müssen verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein.

Als einziger Sachverständiger spricht sich Dr. Werse gegen eine Gleichsetzung von Tabak- und E-Zigarette aus:

Gleichzeitig bin ich – ebenfalls im Einklang mit vielen Kolleginnen und Kollegen – der Auffassung, dass sich die Regulierung psychoaktiver Substanzen am jeweiligen Risiko- bzw. Schadenspotenzial orientieren sollte. Wenn man diesem Grundsatz einer sachbezogenen Drogenpolitik folgt, erscheint es fragwürdig, die Werbung für E-Zigaretten genauso streng zu regulieren wie die Werbung für Tabakzigaretten, wie es der Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorsieht. Denn das Verdampfen von nikotinhaltigen oder nikotinfreien Liquids ist mit einem erheblich geringeren Gesundheitsrisiko verbunden als das Rauchen herkömmlicher Tabakprodukte. Zudem ist auffällig, dass sich gerade mit dem Aufkommen der E-Produkte, … , die Raucherquoten nochmals deutlich reduziert haben, die von der Anzahl der regelmäßigen E-Zigaretten Konsumierenden bei weitem nicht aufgewogen werden. Angesichts dieser Entwicklungen scheint sich der den E-Zigaretten zuweilen zugeschriebene „Einstiegsdrogen“-Effekt absolut nicht zu bestätigen.“

Stellungnahme des BfTG

Auch das Bündnis für Tabakfreien Genuss hat am 29. November eine Stellungnahme zu den Anträgen abgegeben. Für das BfTG ist E-Zigarettenwerbung ein wichtiges Mittel zur Informierung der Verbraucher. Das große Potential zum Tabakstopp und die erwiesen deutlich geringere Schädlichkeit gegenüber Tabak sind noch zu wenigen Rauchern in Deutschland bekannt. „Ohne konventionelle Werbung haben Raucher keinen Überblick über ihre Möglichkeiten zum Tabak-Verzicht. Vielmehr bedarf es einer intensiveren Informierung zur E-Zigarette – durch Werbung und staatliche Gesundheits-Kampagnen und Einrichtungen.“

Hier sind weitere Auszüge aus dem Dokument:

„Die E-Zigarette ist ein grundsätzlich unterschiedliches Produkt als die Tabak-Zigarette oder als Heated Tobacco (HNB). Sie enthält keinen Tabak.“

„Bei ihrem Konsum werden deutlich weniger Schadstoffe als bei Tabak-Produkten inhaliert (Harm Reduction).“

„Raucher, die E-Zigaretten zur Tabak-Entwöhnung einsetzen, haben eine um 60 Prozent höhere Erfolgsquote als bei Nikotinersatzpräparaten wie Kaugummi oder Pflaster.“ [1]

„Nur ein Drittel (31,1 Prozent) der Bevölkerung weiß, dass E-Zigaretten weniger gesundheitsschädlich sind als Tabak.“ [2]

„Befürchtungen, dass E-Zigaretten Jugendliche zum Rauchen verführen (sog. Gateway-Effekt), können dem Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) zufolge nicht bestätigt werden.“

„Die Diskussion zu einem möglichen Werbeverbot für Tabak-Produkte muss von der E-Zigarette abgekoppelt werden. Denn ein Werbeverbot für E-Zigaretten festigt letztlich die Position der Tabakzigarette: Raucher bleiben beim schädlichen Tabak.“

„Eine umfassende Verbraucherinformation zu solchen Fakten – auch per „klassischer“ Werbung – ist wichtig für den Wechsel von Tabak zur E-Zigarette. Daher sollte die Werbung für E-Zigaretten möglich bleiben.“

Außerdem werden sieben internationale Beispiele aus fünf Ländern für gesundheitspolitische Förderungen der E-Zigarette aufgelistet: Großbritannien, Niederlande, Belgien, Schweiz und Neuseeland.

„Viele Staaten machen also die Erfahrung, dass die Aufklärung zum Dampfen das gesundheitspolitische Ziel zur Reduzierung des Tabak-Konsums unterstützt. Hier bestehen in Deutschland noch Handlungsreserven.“

[1]  ZIS: Konsumgewohnheiten und Motive von E-Zigaretten-Konsumenten, 2016, bundesgesundheitsministerium.de

[2] Kotz, D. u.a.: The Use of Tobacco, E-Cigarettes, and Methods to Quit Smoking in Germany, Dtsch Arztebl Int 14/2018, aerzteblatt.de / doi: 10.3238/arztebl.2018.0235; Atzendorf, J. u.a.: E-Zigaretten: Einschätzung von Gesundheitsgefahren und Nutzung zur Tabakentwöhnung, Bundesgesundheitsblatt 11/2018, link.springer.com
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2019-02-14T16:53:36+01:0006.12.2018|