Extreme Fehler in E-Zigarettenstudie – Veröffentlichung zurückgezogen

Das Journal of American Heart Association (JAHA) hat eine im Juni 2019 veröffentlichte und viel beachtete Studie aufgrund gravierender methodischer Fehler zurückgezogen. Die Autoren der Studie, Stanton Glantz und Dharma Bhatta von der University of California San Francisco, analysierten Daten der regelmäßigen US-Erhebung „Population assessment of tobacco and health (PATH)“ und konstruierten einen Zusammenhang zwischen E-Zigarettennutzung und Herzinfarkten. 

Problem: Die Studienautoren ließen wesentliche Fakten außer Acht. Prof. Brad Rodu von der University of Louisville hatte darauf bereits im Juli 2019 hingewiesen: “Wir fanden heraus, dass mehr als ein Drittel der fraglichen E-Zigaretten-Nutzer in der Studie bereits Jahre vor dem ersten Gebrauch von E-Zigaretten einen Herzinfarkt erlitten hatten.Link zur wissenschaftlichen Korrespondenz zur Studie

Da es sich bei der weit überwiegenden Zahl der E-Zigarettennutzer zudem um ehemalige Raucher handelt, ist es mehr als wahrscheinlich, dass die Herzinfarkte in Folge des früheren Tabakkonsums und nicht der aktuellen E-Zigarettennutzung auftraten. 

Breite Kritik an der Veröffentlichung

Nachdem das Journal lange Zeit nicht auf die Kritik von Prof. Rodu reagiert hatte, sendete Prof. David Abrams von der New York University am 20.01.2020 einen von weiteren 15 Wissenschaftlern unterzeichneten Brief an die Redaktion, um auf die Fehler der Veröffentlichung hinzuweisen. 

Daraufhin haben die Herausgeber endlich reagiert. Die Begründung der Rücknahme der Veröffentlichung bestätigt die Kritiker: “Während der Begutachtung durch Fachkollegen identifizierten die Prüfer die wichtige Frage, ob die Myokardinfarkte vor oder nach dem Beginn des Gebrauchs von E-Zigaretten durch die Befragten auftraten… 

Angesichts dieser Probleme sind die Herausgeber der Ansicht, dass die Schlussfolgerung der Studie unzuverlässig ist.Link

Zitate

Michael Siegel, Professor für Gesundheitswissenschaften an der Boston University:

Tiefgreifende Anti-E-Zigaretten-Tendenz hat dieses Fiasko verursacht

Für mich bestätigt dieser Fall einfach, was ich seit langem sage: Dass es unter Tabakkontrollforschern eine tiefgreifende Anti-E-Zigaretten-Tendenz gibt, und genau das hat dieses Fiasko verursacht.Link zum Artikel im Magazin Vice

Prof. Dr. Robert West, Gesundheitspsychologe, University College London

WHO muss dem leitenden Autor den Status eines wichtigen Beraters entziehen

„Eine einflussreiche Studie ist zurückgezogen worden, die fälschlicherweise behauptet, … dass E-Zigaretten Herzinfarkte verursachen. Die WHO hat keine andere Wahl, als dem leitenden Autor den Status eines wichtigen Beraters zu entziehen, und es muss eine Untersuchung seiner anderen Veröffentlichungen geben.“ Link zu Twitter

Die Causa Glantz

Im Dezember 2019 hatte Stanton Glantz eine weitere Studie zur Verbindung von E-Zigarettennutzung mit chronischen Lungenerkrankungen veröffentlicht. Auch hier gab es gravierende Mängel, die internationale Kritik zur Folge hatte. 

Dr. Ute Mons, Leiterin Krebsprävention Deutsches Krebsforschungszentrum:

„Das Problem dabei: Chronische Lungenerkrankungen entwickeln sich über viele Jahre und zum Teil über Jahrzehnte. Darüber hinaus ist der Diagnosezeitpunkt in der Regel nicht übereinstimmend mit dem tatsächlichen Krankheitsbeginn, da bisweilen Jahre vergehen, bis eine bestehende Erkrankung auch tatsächlich diagnostiziert wird.”

Prof. Dr. Daniel Kotz, Professor für Suchtforschung und klinische Epidemiologie am Institut für Allgemeinmedizin des Uniklinikums Düsseldorf:

„Die Studie hat gravierende methodische Mängel, und die Schlussfolgerung, dass der Konsum von E-Zigaretten Lungenerkrankungen wie COPD, chronische Bronchitis und Emphysem verursacht, ist falsch.“

Link zum Artikel des Redaktionsnetzwerks Deutschland

Unser Fazit

Bei der Bewertung der Chancen und Risiken der E-Zigarette muss es um Fakten gehen. Ergebnisse, die auf methodischen Fehlern in Studien beruhen, tragen zur Verunsicherung der Bevölkerung bei. Hier müssen auch die Medienvertreter in die Verantwortung genommen werden, Studienveröffentlichungen noch genauer zu prüfen. Gerade wenn der Absender es in der Vergangenheit mit der Wahrheit nicht so genau genommen hat.  

2020-02-20T16:42:04+01:0020.02.2020|