Erneut sehr positive Ergebnisse zur E-Zigarette im Drogen- und Suchtbericht

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Am Dienstag wurde der jährliche Drogen- und Suchtbericht 2019 (DSB) in Berlin vorgestellt. Wie bereits im Vorjahr finden sich auch im aktuellen Bericht zahlreiche positive Einschätzungen zur Faktenlage rund um das Thema E-Zigarette. In der Pressemeldung und dem Handout der Bundesdrogenbeauftragten zum DSB werden diese Ergebnisse jedoch nicht kommuniziert. Der Fokus liegt auf dem E-Zigarettenkonsum bei Jugendlichen und einer daraus abgeleiteten Forderung nach einem Werbeverbot für E-Zigaretten. 

Diese Forderung stützt sich vor allem auf eine Quelle (BZgA) im Bericht, obwohl andere Belege im DSB die geringe Relevanz der E-Zigaretten für Jugendliche verdeutlichen. Vor allem Erwachsene fragen das Produkt nach. 

Wichtige Ergebnisse werden ausgeblendet
Vollkommen unverständlich ist, dass die Drogenbeauftragte in diesem Zusammenhang wichtige im DSB zitierte Untersuchungen zum geringen E-Zigarettenkonsum bei Jugendlichen ausblendet. Auf Seite 36 des DSB werden Ergebnisse der DEBRA-Studie abgebildet, wonach sich der E-Zigarettenkonsum bei Jugendlichen in den letzten zwei Jahren um zwei Drittel verringert hat. Lediglich 0,9 Prozent der 14-17jährigen nutzen aktuell E-Zigaretten. 

Dennoch plädiert die Bundesdrogenbeauftragte aus Gründen des Jugendschutzes für ein E-Zigaretten-Werbeverbot. Damit wird nicht nur die zu 100 Prozent tabakfreie E-Zigarette mit dem sichtlich schädlicheren Produkt gleichgesetzt. Ohne ausreichende Informationen bleibt Rauchern diese Alternative verschlossen. Kurz: Ein Werbeverbot für E-Zigaretten zementiert den Tabak-Konsum. Raucher bleiben Raucher.

Klare Hilfe für erwachsene Raucher beim Tabak-Stopp
Auch ein Wechsel von der E-Zigarette hin zu Tabak-Produkten – der sogenannte Gateway-Effekt – lässt sich nicht aus den Zahlen des Drogen- und Suchtberichts erkennen. Vielmehr zeigt der Bericht die steigende Bedeutung der E-Zigarette aus dem Tabak-Rauchen.

  • Nur 0,3 Prozent der Nie-Tabakraucher konsumiert E-Zigaretten (Seite 36).
  • Vielmehr stellt der Bericht sinkende Raucherquoten bei Jugendlichen und Erwachsenen fest (Seite 39).
  • „Weniger Tabak zu rauchen oder ganz damit aufzuhören sind wichtige Gründe für den Konsum von E-Zigaretten.“, so der Bericht. Weiter heißt es, die E-Zigarette ist „[…] in der Praxis die am häufigsten eingesetzte Methode zur Unterstützung der Tabakentwöhnung.“ Zwischen 2014 und 2017 wuchs der Anteil der Raucher, die mittels E-Zigarette weg vom Tabak kamen, von 0,2 auf 1,8 Prozent um das Neunfache (Seite 47)

Wobei die überwiegende Mehrheit der Dampfer erwachsene (Ex-)Raucher sind. Damit fügen sich die Aussagen des Berichts in die Vielzahl der Studien ein, die die E-Zigarette als einen Weg aus dem Tabak-Konsum beschreiben:

  • Laut einer vom Bundesgesundheitsministerium geförderten Studie des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung (Universität Hamburg, ZIS) sind 99 Prozent der Dampfer Umsteiger/Ex-Raucher (91 Prozent) bzw. Dual-Nutzer (8 Prozent). 
  • Auch eine Untersuchung des DKFZ ergab, dass zum Großteil Raucher und Ex-Raucher E-Zigaretten konsumieren. Der Anteil der Nie-Raucher unter den E-Zigarettenkonsumenten liegt hier bei 0,2 Prozent. 
  • Das Beenden des Tabak-Konsums ist klar die größte Motivation der E-Zigarettennutzer. Das gaben (je nach Gruppe) über 50 bzw. 60 Prozent der Befragten in der ZIS-Studie an. 
  • Zu einem ähnlichen Ergebnis – 52 Prozent der regelmäßigen Dampfer – kam eine Untersuchung der Universität Mainz
  • Und 67 Prozent der befragten Europäer einer Eurobarometer-Erhebung gaben an zu Dampfen, um den Tabak-Konsum zu stoppen bzw. zu reduzieren. 

Fazit: Der Drogen- und Suchtbericht folgt den bereits bekannten positiven Bewertungen der E-Zigarette, die vor allem als Hilfe beim Tabak-Stopp von erwachsenen Rauchern genutzt wird. Die sinkende Raucherquote bei Heranwachsenden deutet nicht darauf hin, dass Jugendliche durch das Dampfen zum Tabak-Konsum gelangen. Zumal die Dampferquote bei jungen Menschen verschwindend gering ist.

DSB betont geringere Schädlichkeit von E-Zigaretten
Der vorliegende Bericht verweist mehrmals auf die geringere Schädlichkeit des Dampfens im Vergleich zu Tabak-Produkten (Seite 42, 47, 48). 

„Während die Nikotinaufnahme jener der klassischen Zigarette entsprechen kann, liegt die Konzentration der weiteren Schadstoffe im E-Zigarettenaerosol bei sachgemäßem Gebrauch deutlich unter dem Rauch der konventionellen Zigarette.“ (Seite 47)

„Es gibt immer mehr Studien, die davon ausgehen, dass E-Zigaretten aufgrund der deutlich geringeren Schadstoffmenge im Aerosol im Vergleich zu Rauchtabak weniger schädlich sind.“ (Seite 48)

Damit schließt sich der Bericht der Bewertung anderer Experten an. So attestiert die renommierte britische Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE) der E-Zigarette um 95 Prozent und damit deutlich weniger schädlich zu sein als Tabak-Produkte – der sogenannte Harm Reduction-Effekt. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages kommt in einem Sachstandsbericht zur E-Zigarette ebenso zu einem insgesamt positiven Fazit. Weitere Informationen zum Thema Harm Reduction durch E-Zigaretten hat das BfTG in einem Faktenpapier zusammengestellt. 

Fehlende Aufklärung wird nicht thematisiert
Obwohl der Bericht die geringere Schädlichkeit der E-Zigarette kommuniziert, geht er nicht darauf ein, wie viele Bürgerinnen und Bürger überhaupt davon wissen. Insbesondere für Tabak-Raucher sind solche Informationen von besonderem Wert, helfen sie ihnen doch bei ihrem Weg zum Tabak-Stopp. 

Die Forderung der Bundesdrogenbeauftragten nach einem Werbeverbot ignoriert die Tatsache, dass nur ein Drittel der Bundesbürger wissen, dass E-Zigaretten weniger gesundheitsschädlich sind als Tabak. In anderen Staaten ist man da weiter, wie man in der Übersicht des BfTG über Aufklärungskampagnen sehen kann. Renommierte Experten wie zum Beispiel Prof. Riccardo Polosa (Universität Catania) fordern daher, dass mehr Raucher besser über das Produkt E-Zigarette informiert werden müssen.

Langzeitstudien zum Dampfen belegen positive Effekte
Im Drogen- und Suchtbericht wird aufgeführt, es gäbe noch keine Langzeitstudien über die gesundheitlichen Folgen des E-Zigarettenkonsums (Seite 47). Das stimmt nicht. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Langzeitstudien, die vom Bericht schlichtweg übersehen werden. Diese Studien fanden keine Hinweise auf eine schädigende Langzeitwirkung des Dampfens. Im Gegenteil: Die Langzeitstudien untermauern den sogenannten Harm Reduction Effekt und die unterstützende Wirkung der E-Zigarette beim Tabak-Stopp.

Zu den Langzeitstudien zur E-Zigarette aus den Jahren 2017-2019 gehören:

  • Die erste 3-Jahres-Studie von Prof. Riccardo Polosa (Universität Catania) ergab, dass selbst bei Intensiv-Nutzern von E-Zigaretten keinerlei Nachweise für eine beginnende Schädigung von Lungen und Bronchien gefunden werden konnten. Auch gibt es keinerlei Hinweise auf Veränderungen bei Blutdruck oder Herzfrequenz der Testpersonen. Polosas Team begleitete 16 Personen über den Zeitraum von dreieinhalb Jahren. Links: nature.com, tabakfreiergenuss.org
  • Eine zweite 3-Jahres-Studie von Prof. Riccardo Polosa weist darauf hin, dass das Dampfen einen Teil der durch Tabakrauchen verursachten Schäden bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) rückgängig machen könne. Polosas Team untersuchte 44 COPD-Patienten (Ex-Raucher), die ausschließlich dampfen bzw. Dual-User sind. Links: presseportal.de, ncbi.nlm.nih.gov
  • Eine 2-Jahres-Studie der Harvard Medical School ergab, dass Dampfen die Wahrscheinlichkeit einer Tabak-Abstinenz um 77 Prozent erhöht. Der Effekt trete bei Konsumenten ein, die täglich dampften – nicht bei Dampfern, die nicht täglich zur E-Zigarette greifen. Die Autoren sehen die E-Zigarette als unterstützendes Element beim Tabak-Stopp an. Link: academic.oup.com
  • Eine Langzeitstudie des Roswell Park Comprehensive Cancer Center verglich über ein Jahr lang die Auswirkungen des Konsums zwischen Rauchern, Dual-Nutzern, und Dampfern sowie abstinenten Personen. Dampfer wiesen demnach um bis zu 10-98 Prozent weniger tabakspezifische Biomarker auf als Raucher und Dual-Nutzer. Die Studie unterstreicht damit den Harm Reduction-Effekt des Dampfens. Links: jamanetwork.com, pulmonologyadvisor.com
  • Forscher um Dr. Lion Shahab (University College London) wiesen in einer längerfristigen Studie nach, dass Personen, die von Tabak auf die E-Zigarette gewechselt haben, nach sechs Monaten deutlich geringere Anteile krebserregender Stoffe im Blut aufwiesen. Dual-Nutzer wiesen diesen Effekt hingegen nicht auf. Die Autoren sehen den Harm Reduction-Ansatz bestätigt. Die Studie wurde finanziert von Cancer Research UK. Links: cancerresearchuk.org, annals.org 

Der Bericht übersieht die ersten Langzeitstudien zur E-Zigarette. Damit wird eine Chance vertan, der Bevölkerung ein umfassendes Bild zum Dampfen zu liefern. Unberechtigte Befürchtungen und Vorbehalte bleiben bestehen. Am Ende bleiben wegen solcher Informationslücken mehr Raucher beim schädlichen Tabak.

Fazit
Der aktuelle Drogen- und Suchtbericht liefert viele Belege für das Harm-Reduction-Potenzial der E-Zigarette in der Drogen- und Suchtpolitik. Diese Ergebnisse werden jedoch in den öffentlichen Meldungen der Drogenbeauftragten nicht kommuniziert. Wichtige Untersuchungen zum geringen E-Zigarettenkonsum bei Jugendlichen werden ausgeblendet. Die Forderung nach einem Werbeverbot für E-Zigaretten ist deshalb schlecht begründet, zumal ein wichtiges gesundheitspolitisches Ziel außer Acht gelassen wird: Die dringend notwendige Aufklärung erwachsener Raucher über die deutlich geringere Schädlichkeit der E-Zigarette im Vergleich zum Tabakkonsum. 

 

2019-11-08T10:09:33+01:0007.11.2019|