Peinlicher Moment im Bundestag: Staatssekretärin kennt eigenes Gesetz nicht / „Wo haben wir das so formuliert?“

Bei der 47. Sitzung des Petitionsausschuss im deutschen Bundestag geriet Dr. Maria Flachsbarth, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), in Erklärungsnöte. Auf eine Nachfrage warum im Gesetz stünde, dass „Liquids [für elektronische Zigaretten] nur mit Inhaltsstoffen […] verwendet werden dürfen, die kein Risiko für die menschliche Gesundheit haben“ und um welche Stoffe es sich denn hierbei handeln würde, konnte Dr. Flachsbarth dies weder bejahen noch verneinen – denn selbst auf normales Wasser träfe dies nicht zu: „Da frage ich mich jetzt gerade besorgt, wo wir das so formuliert haben sollten […] Mag ja sein, dass wir irgendwo was übersehen haben […] Kann ich mir nicht vorstellen.“

Thema war die anstehende Umsetzung der EU-Tabakrichtlinie in Deutschland – und der Verbraucherschutz und die Verbrauchsicherheit bei der Nutzung von E-Zigaretten. Der Ausschuss behandelte in der Sitzung am vergangenen Montag die Petition 61453, die von einem Privatmann eingebracht und von einer Konsumenten-Organisation unterstützt wurde. Im Antrag heißt es u.a.: „Die Bundesregierung möchte, dass die Menschen von der Zigarette loskommen (…) daher wäre es ein sehr großer Fehler, diese Verordnung so umzusetzen, wie geplant.“ Der Antrag wurde von mehr als 50.000 Menschen unterzeichnet. Die Verbraucher sehen sich von der Bundesregierung nur sehr ungenügend berücksichtigt und gar nicht verstanden.

„Damit kann man alles regulieren“

Wenn aber diese „blumige“ Formulierung zu den Inhaltsstoffen tatsächlich im Gesetzentwurf stehe, so Corinna Rüffer, Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, könne man praktisch alles verbieten. Risikofrei für die Gesundheit sei „ja nicht einmal das Wasser“. Staatssekretärin Flachsbarth konnte sich an diese Formulierung nicht erinnern, hatte es nicht parat und schien das eigene Gesetz nicht gut genug zu kennen. Der Antragssteller, der den entsprechenden Passus im Tabakerzeugungsgesetz sehr wohl kennt, bestätigte: „Diese Formulierung steht so im Gesetz“. Die Liquids einer E-Zigarette dürfen keine Stoffe enthalten, die „gesundheitliche Folgen für den menschlichen Körper haben.“ „Damit kann man alles regulieren“, sagte der Antragsteller. „So formuliert kann man faktisch auch ein Totalverbot der E-Zigarette durchsetzen“, bestätigte die Grünen-Abgeordnete Corinna Rüffer, die auch eine Reihe an „Widersprüchlichkeiten“ bei der Bewertung der Gesundheitsrisiken der E-Zigarette seitens der Bundesregierung erkannte. Allerdings fragen sich dann nicht nur der Antragsteller und die Abgeordnete, ob das Landwirtschaftsministerium demnächst Produkte wie Trinkwasser oder Äpfel vom Baum verbieten will.

Liquids unterliegen alle dem deutschen Lebensmittelrecht

Für den BfTG e.V. ist Verbraucherschutz und Verbrauchersicherheit ohnehin längst oberstes Gebot. „Unsere Mitglieder verkaufen schon heute nur an Erwachsene über 18, richten ihre Werbung nur an Erwachsene, begrenzen den Nikotingehalt und versehen Ihre Produkte mit einer detaillierten Kennzeichnung“, sagt Dustin Dahlmann Vorstandsvorsitzender des BfTG. Die Flüssigkeiten, Liquids genannt, die verdampft werden, unterliegen allesamt dem deutschen Lebensmittelrecht. „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, die politischen Gremien, die Entscheider sachlich zu informieren, damit sich der gerade entstehende Markt weiter entwickeln kann. Dazu gehört zwingend eine sinnvolle Regulierung, aber eine die unternehmerisches Handeln ermöglicht“, betont Dahlmann.

Denn: E-Zigaretten enthalten keinen Tabak. Es wird vielmehr eine Flüssigkeit verdampft, nicht verbrannt. Inhaltsstoffe, die bei der Verbrennung von Tabak Verbindungen eingehen, die zu einem hohen Gesundheitsrisiko führen, sind bei E-Zigaretten nicht vorhanden. Das Gesundheitsrisiko ist so deutlich geringer. Die mit dem Phänomen des Passivrauchens verbundenen, unfreiwilligen Risiken sind nicht vorhanden. Vielmehr bieten E-Zigaretten v.a. Rauchern die Chance, auf eine wesentlich weniger gesundheitsschädliche Alternative umzusteigen.

Wer sich das Original einmal anschauen möchte, findet den Mitschnitt in voller Länge in der Mediathek des Bundestags: Mediathek Deutscher Bundestag

2019-02-11T12:00:02+01:0013.04.2016|